Damen-Doppel auf dem RTW
RTW mit weiblicher Besatzung
Meike Schiller und Stefanie Bruns sind seit 14 Jahren gemeinsam im Einsatz und waren damals die erste rein weibliche Besatzung eines RTW in der Stadt.
„Als wir angefangen haben miteinander zu arbeiten, waren wir die einzige weibliche Besatzung eines Rettungswagens in Gelsenkirchen. Wir waren eine Rarität“, sagt Stefanie Bruns. Beim Gedanken daran lacht sie, erzählt, bis heute habe sich viel getan. „Aber wir waren die ersten“, ergänzt Meike Schiller.
Wie das so ist, im Berufsalltag, wo es in der einen oder anderen Situation auch mal hart zugeht? „Manchmal wirken wir sogar deeskalierend“, sagt Stefanie Bruns. „Wir sind ja sehr lieb“, sagt Meike Schiller lachend. „Aber wir können auch anders.“ Bestimmt. Die beiden Frauen stehen schließlich täglich im Job ihren Mann.
„Die Hilfsmittel werden aber auch moderner. Es gibt zum Beispiel eine elektrische Trage. Natürlich hat man mal einen stark übergewichtigen Patienten. Aber dann kann man sich Hilfe bestellen“, schildert Stefanie Bruns. Das komme jedoch sehr selten vor. Vielmehr spüren sie oftmals die Vorteile. „In der Arbeit mit Kindern zum Beispiel. Oder bei Vergewaltigungen. Es kann natürlich auch anders sein. In muslimischen Haushalten tun sich die Männer manchmal schwer, wenn wir als Frauen den Ton angeben.“
Ganz entspannt sitzen beide Frauen am Tisch im Aufenthaltsraum der Feuerwache in Beckhausen. Sie sind gerade nicht im Dienst. Sonst hätten sie mitunter gar nicht die Zeit für dieses Gespräch. Jederzeit könnte ein Alarm erklingen, ein Einsatz erforderlich sein. Immer bereit zu sein, das gehört hier zum Job. Auch wenn die Schichten 24 Stunden lang sind. Dann ziehen die beiden für die Zeit ihrer Schicht quasi hier ein. Deswegen, erzählen sie, seien die Räume auch immer weihnachtlich geschmückt. „Es ist ja wie eine Wohngemeinschaft“, sagt Stefanie Bruns.
Lebensretterinnen mit starken Nerven
Sie ist mit ihren 36 Jahren die jüngere der beiden Frauen, hat eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin absolviert und ist damit die Ranghöhere. Meike Schiller ist Rettungssanitäterin und fährt den RTW. „Wir arbeiten seit vierzehn Jahren im Team, immer Hand in Hand. Es gibt schon eine Rangordnung. Steffi gibt die Kommandos.“ Im Einsatz, versteht sich.
Da ist sie es, die gewisse Kompetenzen in der Arbeit am Patienten hat. Im Ernstfall, erklärt sie, dürfe sie, sobald der Notarzt hinzugerufen ist, Medikamente verabreichen. Dafür gebe es ein gewisses Kontingent an Präparaten. Andere zu verabreichen, das obliege dann später dem Notarzt. Das betreffe etwa Betäubungsmittel oder sehr starke Schmerzmittel.
Wie anspruchsvoll die Aufgabe der beiden ist, wie stark die Nerven sein müssen, wie professionell sie sind in Situationen, die für Außenstehende beängstigend sind, das wird später deutlich: bei der Besichtigung des Rettungswagens. Da zeigen die beiden ihr Arbeitsmaterial, die kiloschwere Ausrüstung, die immer an der Frau sein muss. Und sie erzählen, fast nebenbei, wie es ist, gegen den Tod anzukämpfen. Was solch ein Einsatz den Helferinnen abverlangt! Etwa in dem Moment, wenn spätestens bei der zweiten, dritten Herzdruckmassage die Rippen des Patienten brechen. Das müsse sein. Nur so habe man die Chance, ein Leben zu retten. Alltäglich werde dieses Gefühl wohl dennoch nie.
Die 112 wird oft zu schnell gewählt
Mit aller Kraft, mit ihrer ganzen Energie und aus vollem Herzen sind sie dabei. Dennoch sind sie nicht immer glücklich. „Wir stellen oft fest, dass der Rettungsdienst missbraucht wird“, erzählen beide. Sie hätten den Eindruck, die Menschen seien unbeholfener als früher, kennen die alten Hausmittel nicht. „Viele Eltern wissen gar nicht mehr, dass kühle Wadenwickel bei Fieber helfen“, sagt Stefanie Bruns. „Manche Menschen rufen uns auch an, weil sie ein Rezept brauchen. Weil Ärzte immer schwieriger erreichbar sind. Aber natürlich stellen wir keine Rezepte aus.“
Geht es um kleine Patienten, seien Menschen besonders unsicher. Da werde vielfach aus Sorge zu schnell die 112 gewählt. Und noch etwas Interessantes: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es für die Kinder nicht schön ist, mit dem Rettungswagen transportiert zu werden. Die Liegen sind für sie viel zu groß. Sie müssen fixiert werden, damit ihnen auf der Fahrt nichts passiert. Da kann es besser sein, man fährt mit Mama und Papa im Auto.“ Das bedeute natürlich nicht, dass es im echten Notfall eine Alternative zum Transport im Rettungswagen gibt. Nein. Wenn sie gebraucht werden, dann sind sie da, auf den Punkt präsent und engagiert im Einsatz, die beiden Frauen, die vielleicht keine „Rarität“ mehr sind, aber umso mehr ein wichtiger Teil des DRK in Gelsenkirchen.
Verschiedene Wege zum DRK
Ob gleich nach der Schule oder im zweiten Bildungsweg, die Einstiegsmöglichkeiten sind facettenreich
Meike Schiller und Stefanie Bruns haben ganz unterschiedliche berufliche Lebensläufe. Sie verdeutlichen, wie facettenreich die Einstiegsmöglichkeiten in den Rettungsdienst beim DRK sind. “Ich bin mit 55 Jahren die älteste hauptamtliche Sanitäterin im DRK”, erzählt Meike Schiller. Sie ist auf dem zweiten Bildungsweg Lebensretterin geworden. “Ich habe erst eine Ausbildung zur Schneiderin gemacht bei einem Tochterunternehmen von Steilmann.” Später füllt sie ihre Tätigkeit als Hausfrau und Mutter ganz aus.
“2001 habe ich mich dann beim DRK beworben, habe einen sechswöchigen Crashkursus als Schwesternhelferin absolviert und danach in der Altenpflege gearbeitet.” Dadurch lernt sie das DRK und dessen Einsatzbereiche besser kennen, absolviert bald eine Ausbildung zur Rettungsassistentin. “Neben der beruflichen Tätigkeit.” Als sie auch diese Ausbildung erfolgreich abschließt, wechselt sie sofort auf den Rettungswagen, erhält im Oktober 2004 einen Festvertrag.
Zwei Jahre später kommt Stefanie Bruns zum DRK Gelsenkirchen. Nach der schulischen Ausbildung absolviert sie hier ihr Anerkennungsjahr mit 1.600 Stunden auf dem RTW. “Dann bin ich hier hängengeblieben”, sagt die 36-Jährige und lacht. “Es ist ja auch schön hier. Und aus Kollegen sind oft Freunde geworden.”